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Jahresabschlussprüfung und das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, kurz FISG

Die gute alte Bauernregel »Bringt der große Bilanzbetrug viel Wut, gerät später auch das dazugehörige Gesetz gut« hat uns das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz beschert. Gut, in Wahrheit lautet die Bauernregel »Bringt der Juli heiße Glut, gerät auch der September gut«. Aber ein bisschen dran ist ja schon was, je größer der Bilanzierungskandal, desto sicherer erfolgen später Reaktionen des Gesetzgebers, um zukünftig ähnliche Vorfälle zu erschweren.

 

Mit dem milliardenschweren Wirecard-Skandal wurde für deutsche Verhältnisse in neue Dimensionen vorgestoßen, so dass hierfür sogar ein neues, extra, Gesetz geschaffen wurde. Der Zungenbrecher Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, kurz FISG greift ab dem 1. Juli 2021 und verfügt über 27 Artikel, zum Beispiel Artikel 1 »Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes« oder Artikel 21 »Änderung der Wirtschaftsprüferordnung«.

 

Durch das neue Gesetz werden eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen angepasst. Das FISG ist für alle Unternehmen relevant, die zu einer Abschlussprüfung verpflichtet sind. Gemäß § 316 HGB sind das alle mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 HGB. Daneben sind gemäß Publizitätsgesetz, kurz PublG auch Nicht-Kapitalgesellschaften prüfungspflichtig, wenn zwei der drei Kriterien zutreffen: deren Bilanzsumme ist größer als 65 Millionen Euro, der Umsatz ist größer als 130 Millionen Euro, das Unternehmen beschäftigt mehr als 5.000 Mitarbeiter. Im Genossenschaftsgesetz gibt es eine ähnliche Regelung für Genossenschaften. Kreditinstitue und Versicherungsunternehmen sind grundsätzlich prüfungspflichtig.

 

Die wichtigsten Neuerungen durch das FISG sind:

·      Der Aufsichtsrat eines Unternehmens von öffentlichen Interesse muss künftig über mindestens ein Mitglied mit Sachverstand rund um die Jahresabschlussprüfung und über mindestens ein Mitglied mit Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung verfügen. So der Artikel 15 »Änderung des Aktiengesetzes«

·      Unternehmen von öffentlichem Interesse müssen einen Prüfungsausschuss einführen. Dessen Aufgabe: die Überprüfung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und dessen Arbeit.

·      Börsennotierte Aktiengesellschaften müssen nun ein wirklich wirksames internes Kontroll- und Risikomanagementsystem einführen

·      Aufsichtsräte dürfen die Führungskräfte von mit Prüf- und Überwachsaufgaben betrauten Bereichen direkt kontaktieren

·      Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, kann Prüfungen auch ohne vorherigen Verdacht anordnen. Zudem ist sie seit der Einführung des FISG direkt für die Prüfungen zuständig. Die privat organisierte Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung ist nicht mehr zwischengeschaltet

·      Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem Interesse müssen nach zehn Jahren ausgetauscht werden.

·      Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem Interesse dürfen neben Ihrer Abschlussprüfungstätigkeit nicht mehr beraten

·      Die Haftungsobergrenzen für Abschlussprüfer bei fahrlässigen Fehlern steigen auf bis zu 16 Millionen Euro. Die Obergrenze gilt jedoch nicht bei grober Fahrlässigkeit.

·      Falsche Bilanzeide sind nun ein eigener Straftatbestand und können mit bis fünf Jahren Haft bestraft werden

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Mal sehen, wie lange es dauert, bis nach Einführung des FISG der nächste Bilanzierungskandal passiert. Kriminelles Verhalten kann dadurch sicher auch in Zukunft nicht verhindert werden. Die Hürden dazu steigen jedoch.

 

Den gesamten Gesetzestext findet ihr in der Rubrik downloads.