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Die Geldillusion

Tja, in Zeiten sehr niedriger Inflationsraten spielte die Geldillusion keine große Rolle. Und auch wenn die hohen Inflationsraten ab dem Jahr 2022 nun hoffentlich wieder Geschichte sind, mit einer Inflationsrate von zwei bis drei Prozent kann man immer noch über das Thema Geldillusion sprechen.

 

Was ist denn Geldillusion eigentlich genau? Geldillusion liegt vor, wenn man sich an nominalen anstatt realen Werten orientiert. Nominal, real, ganz einfach erklärt. Wenn du als Arbeitnehmer happy bist über zwei Prozent Lohnerhöhung und nun denkst, du kannst dir mehr leisten schaust du auf deine nominale Lohnerhöhung. Die beträgt plus zwei Prozent. Liegt die Inflationsrate aber zugleich auch bei zwei Prozent, hast du real nicht mehr zur Verfügung.

 

Nun haben sich die Gelehrten, also die Ökonomen immer wieder darüber gestritten, ob wir Menschen tatsächlich so doof sind und nur auf den nominalen Wert schauen oder über etwas Intelligenz verfügen und auf den maßgeblichen realen Wert schauen.

 

Ganz intensiv hat sich übrigens Irving Fisher vor rund hundert Jahren mit dem Thema Geldillusion beschäftigt. Damals, also ganz früher, ging man davon aus, dass die Menschen einer Geldillusion unterliegen. Das änderte sich in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, als nicht nur Schlaghosen und bunte Farben in Mode kamen, sondern die Ansicht, dass die Menschen super rational sind. Jeder Mensch, pardon, jedes Wirtschafssubjekt handelt demnach vollkommen rational. Der Ökonom James Tobin vertrat zum Beispiel diese Ansicht.

 

Wie das mit Modeerscheinungen nun mal so ist, kommen und gehen sie. Im Jahr 1997 veröffentlichten Peter Diamond, seines Zeichens Wirtschaftsnobelpreisträger, und die beiden Psychologen Eldar Shafir und Amos Tversky im Quartely Journal of Economics einen Artikel zur Geldillusion. Dort finden wir die Ergebnisse ihrer Arbeit. Sie befragten viele Menschen und stellten dabei fest, dass wir keine voll rationalen Wesen sind. Wir orientieren uns doch tatsächlich mehr an nominalen als an realen Werten. Wir unterliegen also doch der Geldillusion, also zumindest ein wenig. Am entlarvensten waren dabei die Antworten auf folgende Frage: Die meisten Arbeitnehmer fanden es schlechter, bei einer Inflationsrate von null Prozent den Lohn um ein Prozent gekürzt zu bekommen als bei einer Inflationsrate von vier Prozent eine Lohnerhöhung von zwei Prozent zu bekommen. 

 

Also nochmal andersrum, da es so nett ist: Die Mehrheit der Arbeitnehmer findet, es ist vorteilhafter eine Lohnerhöhung von zwei Prozent bei einer Inflationsrate von vier Prozent zu bekommen als eine Lohnsenkung von einem Prozent bei einer Inflationsrate von null Prozent hinnehmen zu müssen.

 

Ich rechne kurz mal nach: Minus vier plus zwei ergibt minus zwei Prozent Lohn. Und minus eins plus null ergibt minus ein Prozent Lohn. Da lagen die meisten aber falsch.

 

Die Wissenschaftler konnten so auch erklären, warum Arbeitgeber in Zeiten hoher Inflationsraten eher niedrigere Reallohnsteigerungen haben als bei niedrigen Inflationsraten. Die hohen nominalen Lohnsteigerungen blenden dann halt doch viele.