Im Handelsrecht wird genau geregelt, wann ein Unternehmen mit seinem Jahresabschluss und Lagebericht prüfungspflichtig ist. In den §§ 316 ff HGB ist das geregelt. Wenn ein Unternehmen danach prüfungspflichtig ist und das unterlässt, kann der Jahresabschluss nicht festgestellt werden. Deshalb ist die Unterlassung keine gute Idee, sie bringt jede Menge Probleme mit sich.
Die Abschlussprüfung wird durch Wirtschaftsprüfer durchgeführt. Falls du jetzt denken solltest: toll, ein Markt mit Kunden, die vom Gesetzgeber dazu gezwungen werden, die Dienstleistung Abschlussprüfung in Anspruch zu nehmen; ist ja ein todsicheres Business, bei dem du gleich einsteigen willst: Immerhin handelt es sich um einen Milliardenmarkt. Das kannst du machen, doch die Eintrittshürde ist ziemlich hoch.
Zuerst benötigst du ein abgeschlossenes Studium, empfehlenswerterweise ein BWL-Studium oder eins der Wirtschaftswissenschaften. Danach benötigst du in der Regel etwa drei Jahre Berufspraxis. Bis dahin nicht sonderlich aufregend. Der Hammer kommt am Ende: abschließend musst du die Prüfung zum Wirtschaftsprüfer erfolgreich bestehen. Diese Prüfung, so wird gesagt, soll mindestens so schwer sein wie die theoretische Führerscheinprüfung. Nein, quatsch, das Prüferexamen gilt als eine der härtesten Prüfungen in Deutschland.
Doch damit nicht genug mit den schlechten Nachrichten. Den milliardenschweren Markt der Wirtschaftsprüfung teilen sich mehr oder minder einige wenige große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auf. Die Big Four sind PWC, KPMG, Ernst & Young und Deloitte. Weitere Gesellschaften sind die BDO, Rödl & Partner, Ebner Stolz oder bakertilly, wobei die Marktmacht der erstgenannten Big Four immer weiter ansteigt.
So eine Abschlussprüfung ist eine sehr ernste Sache und unterliegt vielen Regularien. Sonst bräuchte man ja auch nicht das Studium, die Berufspraxis und die Prüfung.
Trotzdem kommt es vor, dass ein Jahresabschluss von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Testat erhält, obwohl der Abschluss Mängel enthielt oder sogar mit krimineller Energie gefälscht wurde. Anfang der 2000er Jahre häuften sich die Bilanzierungsskandale. Einige davon findet ihr im Top Ten Teil von Buchführung und Bilanzierung für dummies oder Bilanzen erstellen und lesen für dummies. Der damalige Zusammenbruch des Energieriesen Enron, der Fall Parmalat oder die milliardenschweren vorsätzlichen Falschbuchungen beim Telekommunikationsriesen Worldcom führten zu gesetzlichen Änderungen und Regulierungen. Eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ging damals aufgrund der Skandale auch unter: Artur Andersen.
Heute darf eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei einem Unternehmen nicht mehr gleichzeitig prüfungsnahe Dienstleistungen erbringen und anschließend den Abschluss prüfen. Zusätzlich wurde die Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer durch die Einführung der Rotation gefördert. Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen darf heute die Jahresabschlüsse eines Unternehmens nicht unendlich viele Jahre lang prüfen und damit bewusst oder unbewusst zu eng mit dem geprüften Unternehmen werden. Das Prüfungsmandat wurde auf zehn Jahre begrenzt. Bei Erfüllung bestimmter Bedingungen kann auf zwanzig Jahre erweitert werden. Diese lange Zeitspanne stärkt auf den ersten Blick nicht zwingend das Vertrauen. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass es eine gewisse Zeit bedarf, sich in die jeweilige Materie in den Konzernen einzuarbeiten und eine kürzere Rotation mit erheblichem Aufwand verbunden wäre. Aber vielleicht unterliegt auch diese Branche eines schönen Tages einem massiven Technologiesprung und die Rahmenbedingungen ändern sich abrupt. Vielleicht denkt ihr dann ja doch noch darüber nach, die Prüfung zum Wirtschaftsprüfer abzulegen und den Markt aufzumischen.
Wer prüft aber die Wirtschaftsprüfer? Zehn Jahre sind eine lange Zeit und das Auftragsvolumen erheblich, um welches es zwischen den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und den geprüften Unternehmen geht. Es ist die APAS. Noch nie gehört? APAS steht für Abschlussprüferaufsichtsstelle. Die Stelle ist beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beheimatet. Vorletztes Jahr hat die APAS knapp 80 Jahresabschlussprüfungen geprüft und dabei über die Hälfte bemängelt. Zum Vergleich: Alleine die Big Four haben im vorletzten Jahr über 700 Jahresabschlüsse geprüft. Das heißt, dass die APAS weniger als zehn Prozent der Abschlussprüfungen geprüft hat. Welche Prüfungsgesellschaft dabei aus Sicht der APAS Fehler gemacht hat, bleibt aber geheim.
Ein Grund, warum die APAS nur so wenig prüft ist der Personalmangel. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bieten den Wirtschaftsprüfern natürlich in aller Regel bessere Konditionen.