Das Thema klingt ja zunächst mal ziemlich sperrig. Drum zerlege ich das Wort für euch erstmal in seine Einzelteile.
Aktiv deshalb, weil der Posten auf der linken Seite der Bilanz steht, der Aktivseite. Dort steht alles, was dem Unternehmen gehört oder was ihm zusteht. Zum Beispiel das Anlagevermögen mit dem Bürogebäude und dem Fuhrpark und das Umlaufvermögen mit Vorräten, Bankguthaben oder auch Forderungen an Kunden. Soweit die kleine Beispielauswahl. Als letzte Position steht auf der Aktivseite der Bilanz der Aktive Rechnungsabgrenzungsposten. Er steht deswegen auf der Aktivseite, da es auch eine gewisse Art von Forderung ist. Nur eben mit der Besonderheit, dass man schon für eine Leistung vollständig bezahlt hat, diese aber bisher nur in Teilen erhalten hat und die restliche Leistung im Folgejahr erhält. Ein Beispiel: Da der Immobilienmarkt wahnsinnig angespannt ist, musste die Softwareschmiede AG bei der Anmietung des neuen Bürogebäudes die folgende Mietkondition akzeptieren, um das Gebäude mieten zu dürfen: Die Miete wird einmal jährlich im Voraus fällig und zwar am 01.07. Das war das Datum des Vertragsabschlusses. Die Miete für ein Jahr beläuft sich auf schlappe 1,2 Millionen Euro. Am 01.07. wird die Miete fristgerecht an den Immobilienmogul überwiesen. In der Buchhaltung wird die Rechnung mit dem Text »Miete für den Zeitraum 01.07. bis 30.06. des Folgejahres« bei der Verbuchung der Auszahlung auf einen extra Stapel gelegt. Der Grund: Im laufenden Jahr entsteht aus Sicht der Buchhaltung nur Aufwand für die Monate Juli bis Dezember. Also nur 600.000 Euro. Die zweiten 600.000 Euro sind aufwandstechnisch dem Folgejahr zuzurechnen. Würde die Buchhaltung die Abgrenzung nicht vornehmen, würde der Mietaufwand im ersten Halbjahr des Folgejahres in den Büchern fehlen.
Die Rechnung wird also abgegrenzt. Welcher Teil gehört inhaltlich zum alten Jahr und welcher Teil zum Folgejahr? Das ist das Kriterium.
Pragmatiker könnten jetzt die Frage stellen, was die ganze Abgrenzerei hier im Beispiel überhaupt soll. Es werden doch eh jedes Jahr am 01.07.die 1,2 Millionen Euro fällig. Ob ich nun mühsam abgrenze oder nicht, der Aufwand pro Jahr ist doch immer derselbe. Ja, das ist völlig richtig, solange der Wert immer exakt gleichbleibt. In der Realität bleibt aber nichts immer gleich. Alles ist in Bewegung. Vielleicht kann das Unternehmen ja im Folgejahr viel bessere Mietbedingungen aushandeln, da die Nachfrage nach Büroflächen aufgrund einer Krise schrumpft. So eine Krise wie zurzeit vielleicht. Oder in der Nachbarschaft entsteht ein neuer Bürokomplex und so wird das Angebot plötzlich besser.
Ein anderes Beispiel: Das millionenschwere Unternehmen Softwareschmiede AG gibt dem im Nachbarhaus wohnenden Rentner Herbert K. jedes Jahr einmalig im März 960 Euro, damit er die nächsten zwölf Monate wieder Abends und Nachts (Herbert K. hat einen leichten Schlaf und raucht alle zwei Stunden am Flurfenster seine Zigarette) ein Auge auf das Bürogebäude wirft. Der Anlass: Seit einiger Zeit werfen alkoholisierte Besucher einer nahegelegenen Eventgastronomie immer mal wieder Wodkaflaschen auf die Scheiben des Eingangsbereichs, so dass dann und wann eine teure Scheibe zu Bruch geht. Neuer Wochendsport. Seitdem Herbert K. die Szenerie überwacht, konnte jeder Täter schnell dingfest gemacht werden.
Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, was das Beispiel hier jetzt soll. Es geht um Wertgrenzen. Muss die Buchhaltung der millionenschweren Softwareschmide jede Kleinigkeit, also auch die 960 Euro hier abgrenzen? 80 Euro je Monat, ausgezahlt im März ergibt 800 Euro für das laufende Jahr und 160 Euro für das Folgejahr. Muss also ein geringfügiger Einzelbetrag wie die 160 Euro hier abgegrenzt werden oder nicht? Manche Finanzbehörden sind hier ganz klar der Meinung, dass schlichtweg alles abgegrenzt werden muss. Sonst würde ein Unternehmen ja Aufwand, welcher das Folgejahr betrifft, gleich im aktuellen Jahr vom Gewinn abziehen und damit seine Steuerlast vorzeitig zu Unrecht absenken.
Da sich betroffene Unternehmen gewehrt haben, kam es zu Gerichtsverhandlungen. Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab dem betroffenen Unternehmen Recht. Das Prinzip der Vollständigkeit muss auch mit dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit abgewogen werden. Dabei soll aber auch dokumentiert werden, was abgegrenzt wird und was nicht. Das kann die Definition einer Wertgrenze sein.