Mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 hat das Bundesfinanzministerium nochmal ein Schreiben zur Steuerbefreiung kleiner Solaranlagen veröffentlicht. Darin wird anhand von Beispielen die Neuregelung erläutert. Ich zitiere und vereinfache dabei meistens die Formulierungen zur besseren Verständlichkeit.
Betrieb kleiner Photovoltaikanlagen und vergleichbarer Blockheizkraftwerke
Betreibt ein Steuerpflichtiger eine oder mehrere Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von bis zu 10,0 kW/kWp und/oder ein oder mehrere Blockheizkraftwerke mit einer installierten elektrischen Gesamtleistung von bis zu 2,5 kW ist nach schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung zu unterstellen, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Alle Anlagen, die vom Steuerpflichtigen betrieben werden, bilden dabei einen einzigen Betrieb, so dass die jeweiligen Leistungen für die Ermittlung der 10,0 kW/kWp -Grenze zu addieren sind. Das gilt sowohl für Anlagen, die sich auf demselben Grundstück befinden als auch für Anlagen auf verschiedenen Grundstücken.
Dazu das erste Beispiel:
Herr Meier betreibt seit dem 1. Januar 2020 auf
a) seinem eigenen zu Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus
b) seinem eigenen zu Wohnzwecken genutzten Zweifamilienhaus (zweite
Wohnung ist vermietet)
c) dem Dach eines Mehrfamilienhauses, in dem sich eine zu eigenen
Wohnzwecken genutzte Wohnung befindet,
eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 8,0 kW/kWp.
Der Strom wird neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz nur von Herrn Meier für private Wohnzwecke genutzt.
Hättet Ihr es gewusst? Hier die Lösung zum Beispiel: In allen drei Fällen kann auf Antrag die Vereinfachungsregelung in Anspruch genommen werden, mit der Folge, dass Liebhaberei unterstellt wird und die Abgabe einer Einnahmen-Überschussrechnung nicht erforderlich ist.
Jetzt das zweite Beispiel:
Frau Müller betreibt seit dem 1. Januar 2020 auf ihrem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus und auf ihrem Ferienhaus, das nicht vermietet wird, je eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von jeweils
a) 4 kW/kWp
b) 6 kW/kWp.
Die Lösung zu dieser kniffligen Rechenaufgabe lautet:
In Fall a) kann Frau Müller auf Antrag die Vereinfachungsregelung in Anspruch nehmen, mit der Folge, dass Liebhaberei unterstellt wird und die Abgabe einer Einnahmen-Überschussrechnung nicht erforderlich ist. Die Begründung für alle, die zu faul waren, selbst nachzurechnen: Je eine Anlage mit 4 kW ergibt nach Adam Riese zusammen 8 kW und liegt damit unter der Grenze von 10 kW. Steuerbefreiung also möglich.
In Fall b) kann Frau Müller die Vereinfachungsregelung nicht in Anspruch nehmen, auch nicht für nur eine der beiden Anlagen. Die hochkomplexe mathematische Berechnung ergibt nämlich, dass zwei mal sechs zwölf ergibt und damit mehr als zehn ist. Und da weiter oben im Schreiben ja erklärt wurde, dass mehrere Anlagen immer zusammenzuzählen sind, geht es auch nicht, nur für eine der beiden Anlagen einen Antrag auf Steuerbefreiung zu stellen.
Jetzt zu den Fällen mit älteren Anlagen.
Die Anlage wurde nach dem 31. Dezember 2003 oder vor mehr als 20 Jahren in Betrieb genommen.
Das dritte Beispiel mit einer alten und mit einer neueren Anlage:
Frau Burger betreibt zwei Photovoltaikanlagen (zusammen 9 kW/kWp). Photovoltaikanlage 1 wurde am 1. Oktober 2003 und Photovoltaikanlage 2 wurde am 1. Juni 2020 in Betrieb genommen.
Die Lösung:
Ein Antrag kann erst ab Veranlagungszeitraum 2024 gestellt werden.
Jetzt erklärt das Schreiben weitere wichtige Sachverhalte. Eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von über 10,0 kW/kWp, deren maximale Werkleistungseinspeisung auf 70 Prozent der installierten Leistung begrenzt ist und damit eine tatsächliche Leistung von bis zu 10,0 kW/kWp erbringt, gilt nicht als kleine Photovoltaikanlage, für die eine Steuerbefreiung beantragt werden kann.
Der von der Photovoltaikanlage/dem Blockheizkraftwerk erzeugte Strom wird neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht. Überlasst ihr Wohnraum unentgeltlich steht das der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gleich. Eure Oma darf also kostenfrei bei euch wohnen, Ihr verliert deshalb die mögliche Steuerbefreiung nicht. Der Verbrauch des erzeugten Stroms in einem häuslichen Arbeitszimmer ist ebenfalls unschädlich. Der auch nur teilweise Verbrauch des erzeugten Stroms durch einen Mieter oder zu anderweitigen eigenen oder fremden betrieblichen Zwecken muss technisch ausgeschlossen sein, sonst gibt es keine Steuerbefreiung. Ausnahme: die Mieteinnahmen überschreiten nicht 520 Euro im Veranlagungszeitraum. Wird die Anlage von einer Mitunternehmerschaft betrieben, reicht es aus, wenn der erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und daneben von mindestens einem Mitunternehmer privat zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Dazu jetzt die Beispiele.
Das vierte Beispiel:
Herr Larsen betreibt auf dem Dach seines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses eine Photovoltaikanlage mit 9 kW/kWp.
Ein Raum wird als häusliches Arbeitszimmer im Rahmen der nichtselbständigen Tätigkeit genutzt. Daneben vermietet er gelegentlich über eine Internetplattform das Gästezimmer an Touristen. Die Mieteinnahmen hieraus betragen:
a) 400 €/Jahr
b) 600 €/Jahr.
Die Lösung:
Nur im Fall a) kann auf Antrag die Vereinfachungsregelung in Anspruch genommen werden, mit der Folge, dass Liebhaberei unterstellt wird und die Abgabe einer Einnahmen-Überschussrechnung nicht erforderlich ist. Im Fall b) wurde die Wertgrenze überschritten.
Zum fünften Beispiel:
Frau Nielson betreibt auf dem Dach ihres zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhauses eine Photovoltaikanlage mit 9 kW/kWp.
Zwei Räume nutzt sie im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit als Physiotherapiepraxis.
a) Für die Physiotherapiepraxis besteht ein technisch getrennter eigener Stromanschluss. Der Strom aus der Photovoltaikanlage wird neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in den zu Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht. (Nettes Beispiel, wer verkabelt sein Haus so, damit er keine Einnahmen-Überschussrechnung machen muss? Dann rechnet vorher nach, ob sich die Kosten für eine solche Verkabelung wirklich lohnen. Und die Einnahmen-Überschussrechnung ist echt kein Hexenwerk, es gibt so viele Apps und zur Not könnt Ihr auch mal einen Blick in mein Buch dazu werfen. Vielleicht macht es euch am Ende ja sogar ein bisschen Spaß eine EÜR zu erstellen.
b) Für die Physiotherapiepraxis besteht lediglich ein eigener Stromzähler.
Die Lösung zur unterschiedlichen Verkabelung:
Nur im Fall a) kann auf Antrag die Vereinfachungsregelung in Anspruch genommen werden, mit der Folge, dass Liebhaberei unterstellt wird und die Abgabe einer EÜR nicht erforderlich ist.
Das sechste Beispiel:
Die Eheleute Frau Lang und Herr Haar betreiben auf dem Dach ihres Einfamilienhauses eine Anlage mit 9 kW/kWp. Die Eheleute leben aus Gründen die hier nicht genannt werden sollen, da sie auch hierfür irrelevant sind, getrennt. Frau Lang nutzt das Haus zu eigenen Wohnzwecken. Herr Haar wohnt nicht im Einfamilienhaus.
Die Lösung:
Die Eheleute können einen Antrag auf Anwendung der Vereinfachungsregelung stellen, auch wenn kein Verbrauch des Stroms durch Herrn Haar stattfindet.