· 

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach HGB

In diesem und in den nächsten Blogs geht es um das Thema Rückstellungen. Zuerst sind die Rückstellungen nach HGB dran, später die nach IFRS, danach die nach dem österreichischen UGB und schließlich die nach dem Swiss GAAP FER und dem Schweizer Obligationenrecht. 

 

Was ist die eigentliche Grundlage für die Bildung von Rückstellungen im HGB? Es ist der § 252 Allgemeine Bewertungsgrundsätze. In Absatz 1 Nummer 4 steht dort: »Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.«. Der Grundsatz der Vorsicht ist also die eigentliche Grundlage für die Bildung von Rückstellungen.

 

Im § 249 HGB Rückstellungen wird es dann genauer geregelt: 

»(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1. im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,

2. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

 

Bei den ungewissen Verbindlichkeiten kann es sich um Garantierückstellungen, Rückstellungen für Serviceleistungen oder Nacharbeiten handeln. Steuer- und Pensionsrückstellungen gehören auch zu den ungewissen Verbindlichkeiten.

 

Was unterscheidet eine ungewisse Verbindlichkeit von einer sagen wir mal normalen Verbindlichkeit? Bei einer normalen Verbindlichkeit kennt Ihr die Höhe und wisst auch, dass die Rechnung ins Haus flattern wird. Habt Ihr eine Leistung bezogen und der Rechnungseingang dazu wird erst nach dem Jahresabschluss erwartet, wird die Buchhaltung die zu erwartende Rechnung abgrenzen. Bei einer zu bildenden Rückstellung geht es zwar auch um einen Sachverhalt vor dem Jahresabschluss, die Handhabung ist jedoch anders.

 

Bei einer ungewissen Verbindlichkeit wird die Buchhaltung keine Abgrenzung buchen, sondern eine Rückstellung bilden. Die Ungewissheit kann über die Höhe der Verbindlichkeit bestehen oder auch darüber, ob die Verbindlichkeit überhaupt entstehen wird. Zum ersten Fall, der ungewissen Höhe. Ihr erwartet eine Steuernachzahlung, kennt aber noch nicht die genaue Höhe. Dafür bildet Ihr eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten und bucht den aus eurer Sicht realistischsten Wert. Zum zweiten Fall: entsteht die Verbindlichkeit überhaupt? Das kann zum Beispiel eine Rückstellung für Prozesskosten sein.

 

Bei der Frage, ob die Rückstellung gebildet werden darf, kommt es nicht auf eure subjektive Sicht an. Bauchgefühl oder Kaffeesatz lesen gilt also nicht. Vielmehr muss ein objektiver Tatbestand vorliegen und es wahrscheinlich sein, dass der Betrag fällig wird.

 

Jetzt zu den konkreten Beispielen. Ihr müsst aufgrund von gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen absehbar Garantie leisten und bildet dafür eine Garantierückstellung. Handelt es sich um einen konkreten Einzelfall, ein Bauunternehmen hat ein Bauwerk vermurkst, wie zum Beispiel einen Flughafen, ok, das Beispiel ist zu billig, also wie zum Beispiel ein Stück Straße, dass so holprig ist, dass Sonntag morgens frisch gebackene Eltern mit Ihren Kleinkindern immer wieder darauf hin- und herfahren und das Spiel »Holperstraße, Holperstraße, Kurve, Kurve, und ein Loch« zur Belustigung des Nachwuchses spielen, sollte das Bauunternehmen dafür eine Einzelrückstellung bilden, da die betroffene Gemeinde oder der Landkreis sicher bald die CO2- intensive Spielerei auf Kosten der Bauunternehmung beenden lassen will.

 

Neben der Einzelrückstellung gibt es noch die Pauschalrückstellungen. Die bieten sich an, wenn ihr es in der breiten Masse in gewissen Teilen vermasselt. Dazu schätzt du aus der Erfahrung der vergangenen Jahre ab, wieviel Prozent eures Umsatzes nicht nachhaltig ist, sondern in Form von Garantieleistungen im Folgejahr wieder an die Kunden erstattet werden muss. Verkauft ihr beispielsweise Billig-Werkzeug an den Einzelhandel und wisst genau, dass fünf Prozent der Ware von der Kundschaft als fehlerhaft moniert und zurückgeschickt wird, könnt ihr für fünf Prozent vom geschätzten Umsatz eine Pauschalrückstellung bilden. Soweit soviel zu den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach HGB.